Gregor von Bochmann wurde am 1. Juni 1850 auf dem Gut Nehat in Estland geboren. Mit seinem Vater, einem wegen seiner Verdienste im Krimkrieg geadelten Forstrevidenten der staatlichen Domänen im Gouvernement Estland, reiste er häufig über Land und schulte dabei früh seine Beobachtungsgabe. Von 1862 bis 1868 besuchte er das Gouvernements-Gymnasium in Reval, wo sein Zeichenlehrer Albert Sprengel, der selbst in St. Petersburg und Düsseldorf studiert hatte, sein außergewöhnliches künstlerisches Talent erkannte. Er verschaffte ihm ein Stipendium der Revaler Schiller-Stiftung, mit dessen Hilfe Bochmann 1868 ein Studium in Düsseldorf beginnen konnte.
Nach schnellem Durchgang durch die Zeichen- und die Antikenklasse der Düsseldorfer Kunstakademie besuchte er ein halbes Jahr die Landschaftsklasse Oswald Achenbachs, bis dieser die Akademie verließ. Bereits 1871 gründete Bochmann ein eigenes Atelier in Düsseldorf und unternahm in der Folgezeit wiederholt Studienreisen nach Holland, Belgien und Estland, die ihm die Motive zu seinen Gemälden lieferten.
Früh beteiligte er sich an allen wichtigen Kunstausstellungen (Düsseldorf, München, Wien, Dresden, Berlin, Weltausstellung in Paris) und erhielt zahlreiche Auszeichnungen: neben etlichen Ausstellungsmedaillen und der Berufung in die Akademie der Künste in Berlin im Jahre 1893 wurde ihm 1895 der Professorentitel verliehen und 1899 sein russischer Adelstitel vom Deutschen Kaiser bestätigt.
Zu den Hauptwerken Bochmanns, der auch ein hervorragender Zeichner und Aquarellist war, gehören: "Estnischer Marktplatz" (um 1870, Kunstmuseum Düsseldorf), "Die Schnitter" (nach 1870, Nationalgalerie Berlin), "Sonntag bei der Kirche in Estland" (1874), "Holländische Schleuse" (1875), "Kartoffelernte in Estland" (1876), "Werft in Südholland" (1878, Nationalgalerie in Berlin), "Alt-Scheveninger Strandleben" (1879), "Fischmarkt in Reval" (1886, Kunstmuseum Düsseldorf), "Holländischer Strand" (1888), "Rast am Kruge" (Motiv aus Estland, 1893, Gemäldegalerie Dresden), "Holländisches Strandbild" (1894, Neue Pinakothek in München), "An verlassener Heerstraße" (1904), "Die Schiffe kommen" (1907), "Muschelfischer" (1918). Außer Bildern in öffentlichem Besitz befinden sich ca. 20 Bilder (bis zum Format von ca. 30x40 cm) sowie ein Heft mit Kinderzeichnungen in Familienbesitz.
"Zwei Motive sind es vornehmlich, die sich wie ein roter Faden durch Bochmanns Schaffen ziehen: das Volksleben seiner estnischen Heimat und das Treiben der Fischer an der holländischen Küste. Immer wieder versucht Bochmann diese Themen in künstlerischer Variation zu gestalten, wobei seine Liebe in gleicher Weise der Landschaft wie den Figuren, die nie zur Staffage werden, gilt. Mit größter Sorgfalt und mit feinsten Pinseln wird das zuweilen überbetonte Detail in die sicher angelegte Komposition gefügt. Auf seiner Palette hält er differenzierte Farbnuancen bereit, die den Figuren Plastizität und seinen Landschaften ihre oft gerühmte atmosphärische Tiefe und durchleuchtete Weite geben. Gerade der Lichtbehandlung hat v. Bochmann große Aufmerksamkeit gewidmet, und die beabsichtigte Stimmung wird nicht selten durch bravouröse Behandlung des Spiels von Licht und Schatten erreicht, ganz im Gegensatz zu den Impressionisten, die den dunklen Schatten farbig auflösen. In der Frühzeit liebt Bochmann eine stark tonige Farbgebung, die ihm nicht zuletzt den Ruf des 'Altmeisterlichen' eingebracht hat. Eine Entwicklung innerhalb seiner fast sechs Jahrzehnte währenden Schaffenszeit ist im Sinne einer Befreiung von der akribischen Feinmalerei zu einer großzügigeren Bildauffassung und Farbgebung deutlich nachweisbar. Zum Wertvollsten, das G. v. Bochmann hinterlassen hat, gehören seine Aquarelle und farbigen Skizzen, die mit seltener Meisterschaft ausgeführt sind. Hier schreibt der Künstler eine im Vergleich mit seinen Ölbildern kaum wiederzuerkennende Handschrift. Die Aquarelle allein würden genügen, ihn, den Maler zwischen den Zeiten, in die vordere Reihe der Düsseldorfer Schule einzureihen und seiner ehrend zu gedenken" (Heinz Peters, Einführende Worte zur Gedächtnisausstellung im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf 1951).
Gregor von Bochmann starb am 12. 2. 1930 in seinem Haus in Hösel bei Düsseldorf, wo er seit Jahren die Sommermonate verbracht hatte.
Durch seine regelmäßigen Ausstellungsbeteiligungen und seine teilweise spektakulären Frühwerke war Bochmann zu Lebzeiten stets populär. Nach seinem Tod wurden 1930 und 1951 im Kunstverein Düsseldorf zwar Gedächtnis-Ausstellungen für ihn ausgerichtet (1951 mit 70 Werken), danach jedoch wurde es - abgesehen von der ungebrochenen Präsenz seiner Bilder im internationalen Kunsthandel - stiller um ihn. Bis heute fehlt jegliche gründlichere theoretische Auseinandersetzung mit Gregor von Bochmann und seinem Werk.
Dorothea Peters, Berlin, Sommer 1999
P.S. Diese Situation hat sich am Anfang dieses Jahrhunderts etwas geändert. Durch Ausstellungen in Düsseldorf und Estland, und einen Aufsatz im Sammler Journal ist der Maler wieder mehr ins Gespräch gekommen. Zudem erschien 2007 ein Buch von Julia Hümme, das das Leben und Werk des Malers untersucht. (G.v.B - Dez. 2010)