Nach den einführenden Worten von Herrn Körs sagte ich etwa etwa folgendes:

Als Urenkel des Malers bin ich natürlich sehr froh über das Zustandekommen dieser Ausstellung. Ich weiss allerdings nicht, was ich Ihnen jetzt zur Einführung sagen kann.  Ich bin nämlich Informatiker! Allerdings hat mir meine Mutter viele Anregungen über die Malerei gegeben, denn sie war selbst Kunstmalerin.

Soll ich Ihnen über das Leben des Malers erzählen ? – Ich denke, der Text von Julia Homann in dem Katalog gibt schon einen guten Überblick über das Leben und das Werk des Malers.

Soll ich Ihnen über den Maler als Mensch erzählen ? – Das ist nicht so leicht, denn er starb bevor ich zur Welt kam. Mein Vater hat ihn in seinem Alter gekannt. Da 1915 seine beiden Eltern nicht mehr lebten, wuchs er und seine Schwester bei den Grosseltern auf. Der Maler war damals schon über 60 Jahre alt.  Allerdings fiel mein Vater im zweiten Weltkrieg und konnte mir nie von seinem Grossvater, dem Maler, erzählen. Aber meine Tante Renate, seine Schwester, hat mir von ihm erzählt. In ihren Jugenderinnerungen erzählt sie, wie sie bei ihren Grosseltern  in Düsseldorf aufwuchs. Von ihrem Grossvater sagte sie: “Ja, er war der gütigste Mensch, den ich gekannt habe. In seiner Gegenwart hätte man sich geschämt, etwas Böses zu sagen oder zu tun. “ Aber sie sah ihn nicht sehr viel, denn, wie sie sagte: “er arbeitete zurückgezogen in seinem Atelier”.  – Und von ihrer Grossmutter Emilie, geborene Poensgen, sagte sie: Sie “war voller Energie und sehr praktisch. Sie regelte alles Geschäftliche für ihren Mann, sorgte, dass er nicht gestört wurde, und stand dem grossen Haushalt mit Umsicht vor. “

Die Bilder des Malers zeigen meist Menschen, entweder aus seiner Heimat in Estland oder an der holländischen Küste. Es sind einfache Menschen, dargestellt in ihrer täglichen Umgebung, oft bei der Arbeit. Ich denke, hier kommt der gütige Character des Malers zum Ausdruck, der in den Jugenderinnerungen meiner Tante erwähnt ist. Ich denke, er muss diese Menschen geliebt haben, wenn er sie immer wieder in so vielseitigen Ansichten auf den Bildern darstellte. Der Maler sagte selbst in einem autobiographischen Text, der 1929, kurz vor seinem Tode, in den Mitteilungen des Kunstvereins erschien : „Das Geburtsland wurde für mich bestimmend als Wegweiser meiner Kunstäußerung. [...] Wie genoß ich die köstlichen Fahrten, die ich mit dem Gespann der Gutsbesitzer machen durfte, immer schauend, beobachtend und zeichnend, und den Charakter von Land und Leuten dadurch so gründlich kennenlernend.“

Zum Abschluss möchte ich noch erwähnen, dass ich vor etwa 4 Jahren angefangen habe, ein Verzeichnis der Bilder meines Urgrossvaters anzulegen. Dieses Verzeichnis, das auf dem Internet abrufbar ist, wächst immer weiter und enthält zur Zeit über 600 Bilder. Die Arbeit an dieser Sammlung war für mich sehr bereichernd. Insbesondere habe ich viele Menschen kennengelernt, wie zum Beispiel Beamte von Museen und Kunstsammler;  aber auch viele entfernte Verwandte, von denen ich zuvor gar nichts wusste. Ich bin bei meinen Besuchen immer sehr freundlich aufgenommen worden, und möchte mich dafür ganz herzlich bedanken.

Gregor v. Bochmann (Informatiker)

P.S. Eine Woche später sah ich in Berlin die Ausstellung „Die zweite Schöpfung – Bilder der industriellen Welt vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart“ im Deutschen Historischen Museum, und der Text der Audio-Führung (von dem ich keine Kopie haben konnte) erwähnte im Zusammenhang mit dem Bild Nr. 80 von Meunier, genannt „Rückkehr der Bergleute“, dass Meunier gesagt hat, dass er die Bergleute so viel malte, weil er sie liebte. Das scheint mir sehr verwandt zu sein mit dem, was ich oben von meinem Urgrossvater sagte.