Linnenbauer

Der Linnenbauer in Herford

Der folgende Text ist dem Web der Stadtführung Herford entnommen (Version von 2011). Ich möchte Herrn Mathias Polster für die Erlaubnis danken, dass dieser Text und einige Fotos hier gezeigt werden können. Weitere Informationen aus Zeitungsausschnitten um 1909 zur Einweihung der Skulptur sind in der Sammlung von Schriften (auf den Seiten 18 bis 23) enthalten.

Die Idee zum Bau des Denkmals geht am 5. Dezember 1903 von W. Menkhoff (Herforder Leinenverein) aus. Der erste Verein für Leinen aus reinem Handgespinnst wurde 1851 von Weddigen als Gegengewicht gegen die starke Konkurrenz der Baumwolle und gegen die englischen und irischen Maschinen gegründet. Am 1. Januar trat an dessen Stelle der Zusammenschluss zum Herforder Leinenverein. Leinenweberei blickt auf eine lange Tradition zurück. "Bis etwa 1860 kamen die Ravensberger Linnenbauern zu einem großen Markte für Garne und fertige Gewerke nach Herford, wo in zwei langen Reihen die Hauptstraße vom Deichtor bis zur Mittelstädter Brücke von ihnen besetzt war." [Herforder Zeitung für Stadt und Land, 24. Juni 1909]

Vorbild für das Denkmal ist der Kiepenkerl in Münster. Zuerst soll der in Herford bestens bekannte Bildhauer Wefing mit der Ausführung betraut werden. Am 7. Februar 1904 schreibt ihm Bürgermeister Quentin und fragt nach den Kosten für eine solche Figur in Kupfer. Dazu kommt es jedoch nicht, weil der Kunstverein für Rheinland und Westfalen nur dann 4000,00 M beisteuert, wenn der Künstler von ihm beauftragt wird. Der Vorstand des Kunstvereins entsendet zwei Professoren aus Düsseldorf nach Herford, welche schließlich "den nach der Mittelstädter Mühle zu belegenen Eckpfeiler der Brücke für ganz hervorragend geeignet zur Aufstellung einer solchen lebensgroßen Figur aus 1 ½ bis 2 Meter hohen Sockel hielten...".

Nachdem der Kunstverein den Zuschuss zugesagt hatte, stimmten auch die Stadtverordneten im Januar 1907 für das Standbild. Gemeinsam mit dem Kunstverein wurde vom Leinenverein ein Wettbewerb ausgeschrieben. Im November 1907 wurden schließlich 45 eingegangene Modelle von Künstlern aus dem Rheinland und Westfalen ausgestellt. Auf Wunsch des Magistrats besuchten Quentin und Wilhelm Menkhoff am 23. November die Ausstellung und durften anschließend eine Empfehlung aussprechen. Sieger wurde Gregor von Bochmann aus Düsseldorf.  Modell stand der Elverdisser Handweber Friedrich (Frittken) Oberdiek (1844-1919), der noch im hohen Alter in diesem Beruf arbeitete. Bis 1914 übte auch sein Sohn August noch die Handweberei aus.  "Die Mutzpfeife im Munde, die Holster auf dem Rücken, hält der Alte unter dem Arm eine Rolle Linnen, dabei in einer echt bäuerlichen, verschmitzten Weise auf den in der Hand haltenen Geldbetrag blickend, jedoch ist der Gesichtsausdruck so wohl gelungen, dass bei aller Verschmitztheit der Blick nicht der alten ravensbergischen treuen Gutmütigkeit entbehrt." [Herforder Zeitung für Stadt und Land, 24. Juni 1909]

Bei der Einweihung waren der Künstler, Landrat v. Borries, Ehrenbürger Quentin und einige Professoren aus Düsseldorf Ehrengäste. Die Festrede hielt der 1. Bürgermeister Busse. "An dem Gabelfrühstück im Hotel Rhode, das der Feier folgte, nahmen 40 Herren teil." [Kreisblatt 24. Juni 1909]

Ab 1940 wurden alle Metallteile der Herforder Denkmale abmontiert und zum größten Teil für den Endsieg eingeschmolzen. Weshalb der Linnenbauer als einziges Denkmal verschont blieb, ist dem Autor nicht bekannt. Nach dem Abbruch der Mittelstädter Brücke 1970 stand der Linneweber lange Zeit fast ebenerdig. Nachdem er mehrmals Opfer jugendlichen Übermuts wurde [siehe Foto 1978 hier unten], entschloss man sich, ihn wieder auf einen Sockel zu stellen. Von dort betrachtet er, schmunzelnd sein Geld zählend, die unentwegt an ihm vorbeiziehenden Fußgänger. Dass er jetzt an einem der schönsten Plätze der Stadt steht, wird ihm wohl noch mehr Freude machen.

Linnenbauer feierte seinen 50. Geburtstag : Zeitungsausschnitt (Herford Stadt und Land, 26. Juni 1959)

Ein Denkmal für Fritken Oberdiek, den letzten Herforder Handweber des 19. Jahrhunderts

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Gipsmodel [SE]
Gipsmodel [F1-2011]
Einweihung am 24. Juni 1909. Die Festrede hält Bürgermeister Busse, der auf einem kleinen Podest vor dem Denkmal steht.
altes Foto [AF]
Postkarte 1910 [F6]
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altes Foto [ME]
altes Foto [SE]
alte Postkarte
Postkarte 1933 [F6]
Postkarte 1955 [F6]
Postkarte 1980
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1945 [F6]
1978 [F6]
2005 [F6]
2007 [F6]