Bericht eines Tagesausfluges von Tallinn nach West-Estland s�dlich von Haapsalu in die Gegend, wo der Vater des Malers in der Mitte des 19ten Jahrhunderts lebte, aufgeschrieben von G.v.Bochmann (Informatiker) am Abend desselben Tages (13. August 1999). Unser F�hrer (und Freund) war Dr. J�ri Vain von der Technischen Universit�t in Tallinn.
Heute fuhren wir mit Dr. Vain in die Gegend, wo mein Urgrossvater, der Maler Gregor v. Bochmann, aufgewachsen war. Er wurde im Jahre 1850 auf dem Gut Nehat (estnisch Nehatu) geboren. Dieses Gut liegt in der N�he des Dorfes Vatla, was in der N�he der Ostsee s�dlich von Lihula im westlichen Teil Estlands liegt. Wir versuchten auch einige Geb�ude und andere Merkmale wiederzufinden, die auf den Bildern des Malers zu sehen sind.
Wir hatten Erfolg mit der ber�hmten Kirche von Ridala (hier sind Information auf estnisch und R�ckseite), die auf mehreren Bildern des Malers zu sehen ist. Dr. Vain hatte in einem Touristenprospekt eine Abbildung der Kirche in Ridala gesehen, die ihren Turm an der Seite hat, wie in dem Bild "Sonntagmorgen vor einer Kirche in Estland". Wir sahen, dass es dieselbe Kirche war. Die darumstehenden B�ume lassen sie weniger sehen. (Es gab auch reife Schwarzbeeren, Verwandte der Brombeeren, an dem Weg, der auf dem Bilde zu sehen ist). In der Kirche war eine Frau, die Informationen, Prospekte und B�cher zum Verkauf hatte. Wir fanden eine Postkarte mit einer �lteren Fotografie, auf der man die Kirche gut sieht. Sie ist die sch�nste Kirche, die wir dort auf dem Lande gesehen haben.
Foto: Toomas Tull und Kaido Haagen |
wie im Bild oben |
Foto: Toomas Tull und Kaido Haagen |
Vorher hatten wir in Haapsalu angehalten, um die Ruine des Festungsklosters zu sehen. Von dem wiederaufgebauten Turm hat man eine gute Sicht auf den Ort and die Ostsee. Man sagt, dass der Schlamm des Meeres f�r Artritis und �hnliche Krankheiten gut ist. Vor dem ersten Weltkrieg kamen hierhin die reichen Russen von St.Petersburg (auch der Zar).
der Bach ist rechts hinter den B�schen |
Auf dem Weg nach Lihula vor dem Ort Kirba sahen wir eine alte Br�cke �ber einen kleinen Fluss, die f�r die alte Strasse gebaut war und die wir auch von der neuen Strassenbr�cke aus gesehen konnten. Sie wurde gerade renoviert. Sie ist n�mlich der erste estl�ndische Bau in Stahlbeton, am Anfang des 20-ten Jahrhunderts bebaut. Man sagte uns, dass die fr�here Br�cke aus Holz war. Ich glaube, die Br�cken in Bochmann's Bildern sind meistens k�rzer und aus Steinen gemauert. Wir haben auf unserem R�ckweg nach Tallinn eine Ruine eine solchen Br�cke gesehen, aber wer weiss, wo die Br�cken der gemalten Bilder sind ?
Dann fuhren wir von Hanila in Richtung Nehatu �ber einen nicht-asphaltierten Weg. Die Gegend scheint recht arm zu sein. Es gibt viel Wald und viele L�ndereien scheinen brach zu liegen. Ab und zu sieht man einen ein-spurigen Autofahrweg, der wohl zu einem Geh�ft hinf�hrt. Selten sieht man ein Geh�ft direkt von der Hauptweg aus.Wir biegen in Richtung �ek�la und von �ek�la in Richtung L�o ab. Kurz danach sehen wir ein Geh�ft und halten an. Es ist niemand zu Haus. Ich mache einige Fotos. Nebenbei ist auch ein Feldweg, der mich an einige Bilder des Malers erinnert. Gegen�ber des Hauptweges ist ein anderer Hof mit einem h�bschen Nebengeb�ude. Man sagte uns, dass diese Gegent fr�her wohlhabender gewesen ist.
Wir kehren zur�ck und fahren in Richtung Nehatu. An der Ecke des Weges, der durch Nehatu f�hrt, steht in grosses, stattliches Haus. Dr. Vain fand eine Person in dem Hinterhaus, die angab, dass dies Haus eine Schule sei. Nach etwa 500 Metern kamen wir bald zu einem anderen gr�sseren Geb�udekomplex. Vor einem grossen, h�sslichen Haus sitzen zwei Frauen; eine strickt oder h�kelt, and zwei junge Hunde, an langen Leinen angebunden, liegen auch da. Man sagt uns, dass dies das "Land-Gut von Karuse" ist ("mansion for farming" von Dr. Vain vom estnischen ins englische �bersetzt; Karuse ist der Name eines Ortes und dieser Gegend). (Dies ist wohl das Gutshaus Nehatu). Das Haus ist in der Sowjetszeit erneuert worden und hat damals einen zweiten Stock bekommen (der vorher nicht vorhanden war). Hinter dem Haus gibt es St�lle, die nicht mehr benutzt werden. Einige Traktoren stehen auch da. Ein anderer Hund ist in einem K�fig unter B�umen neben dem Haus. Auf der anderen Seite der Strasse sieht man links eine Ruine eines gr�sseren Hauses, das wohl als Stall f�r Tiere benutzt wurde, dahinter ein neuerer Schuppen. Weiter rechts (kein Foto) steht ein grosses neues Landwirtschaftsgeb�ude und etwas weiter rechts noch etwas neues. Ob diese Ruine wohl das Haus ist, das �fter mal auf den Bildern der Malers Bochmann auftaucht. Auf den Bildern sieht man manchmal auch einen Ziehbrunnen. Man sagte uns, dass der kleine neue Schuppen (links auf dem Foto "Blick auf Stallruine") �ber einem Brunnen steht und die electrische Pumpe enth�lt.
Nach unserem Fragen holte eine der Frauen einen �lteren Mann, der mehr �ber diese Beb�ude wusste. Wir zeigten ihm einige kleine Abbildungen von Bildern, aber wir wissen nicht, wie gut er sie ohne Brille sehen konnte. Das Bild "Estl�ndischer Bauernhof" liess ihn von der fr�heren Schmiede sprechen, die etwas weiter in Richtung Osten war. Heute sieht man nur noch �berreste der ehemaligen Mauern, die in ein neues Geb�ude aufgenommen worden sind. Man erkennt noch die alten Fenster und Eingangsbogen, die jetzt zugemauert worden sind.
Auf der anderen Seite der Strasse sieht man einen dieser Steinh�gel, die man hier in Estland �berall sieht. Die Bauern haben �ber Jahrhunderte die Felder weitgehend von diesen grossen Steinen (Findlingen) befreit, die von den Gletschern der Eiszeit hier liegengelassen waren, und die Steine auf kleine H�gel zusammengetragen (siehe Foto oben rechts). Dr. Vain erz�hlte uns, dass er als Student in der Sowjets-Zeit w�hrend der vorgeschriebenen Erntearbeiten manchmal solche Steins�uberungen machen musste. �brigens sagte er, dass diese Erntearbeiten gar nicht so verhasst waren; gaben sie doch die M�glichkeit mit anderen jungen Menschen zusammenzukommen und am Abend oft gut zu feiern.
Dann fuhren wir weiter, um das "Herrenhaus von Karuse" zu finden, von dem urspr�nglich das "Land-Gut" abhing. Es steht in Vatla und ist im Stil von Schl�ssern am Ende des 18ten Jahrhunderts gebaut. Es hat einen grossen Vorhof, an dem Geb�ude f�r Kutschen und Pferde, und Vorratsgeb�ude stehen. Auf der anderen Seite ist der Park (heute nur noch eine Rasenfl�che mit dem dahinter liegenden Wald). Fr�her war das ein symmetrischer Park, in der Mitte mit einem Blick auf eine ein Kilometer entfernt stehende Windm�hle. Im heutigen Wald findet man noch Vertiefungen, die fr�her Wasserbecken waren; ein Becken hatte eine kleine Insel; man erkennt heute noch einen runden Wassergraben.
Heute ist dieses kleine Schloss eine Schule. Es waren Sommerferien. Wir fanden einen Mann in Obergeschoss des Hauses, der mit Renovationsarbeiten besch�ftigt war. Sp�ter meinte Dr. Vain, dass es wahrscheinlich ein Lehrer war. Er war sehr freundlich und zeigte uns vieles, so auch zwei alte Kachel�fen, die noch im Obergeschoss stehen und ein dunkles Gew�lbe-Zimmer, das angeblich ein Schlafzimmer gewesen war und eine Gew�lbebemalung aus dem Jahre 1847 enth�lt, das eine Unter-Wasser-Landschaft darstellen soll. (Ich fand es nicht sehr anmutigend). Er zeigte uns auch den Park und den an der Seite liegenden Garten, der jetzt von Sch�lern betreut wird; im Hintergrund sieht man eine alter Mauer, die fr�her die R�ckwand des Gew�chshauses war. Er zeigte uns auch einen H�gel unter dem fr�her der Weinkeller war. Angeblich machte man auch seinen eigenen Brandwein hier.
Bevor wir in das Beb�ude gingen und den Lehrer fanden, entdeckte Elise am Rande des Vorhofes einen grossen Stein und hoffte, dass wir darauf geschrieben etwas �ber dieses Gut erfahren k�nnten. Aber die Tafel auf dem Stein was eine Erinnerung an die Gefallenen des zweiten Weltkrieges. Es ist doch eine ganze Menge passiert in den letzten 150 Jahren. Das erwachen des estnischen Nationalbewusstseins, die Versuche der Russifizierung w�hrend der Jahrzehnten vor dem ersten Weltkrieg. Dann kam die erste Unabh�ngigkeit, die dann nach 1941 von dem Sowjetregime abgel�st wurde (mit kurzer Unterbrechung durch deutsche Besatzung w�hrend des zweiten Weltkrieges). Seit etwa 8 Jahren ist das Land nun wieder unabh�ngig und strebt besseren Zeiten entgegen. In Tallinn und Umgebung sahen wir viele Renovationsarbeiten, und man versucht, neue Industrien aufzubauen. Aber ich habe den Eindruch, dass diese Entwicklungen an Nehatu und dieser ganzen Gegend vorbeigeht. Die Leute sind hier sehr arm und viele ziehen in die Stadt.
Auf dem R�ckweg machte ich Fotos von der Kirche in Hanila und dem daneben liegenden Haus, auch von der Kirche von Karuse. Die Kirche von K�msi ist orthodox (russisch). Dann machte ich noch einige Fotos aus dem fahrenden Auto. Lihula hat auch weniger Einwohner als fr�her; dort sind einige sehr alte Ruinen. Dann sind da noch einige Fotos von Bauernh�fen und Feldern und das Herrengut von Koluvere, von dem man nur seine T�rme sah.
Der Direktor der Schule von Vatla (im Herrenhaus von Karuse) weiss angeblich mehr �ber die Geschichte dieses Schlosses. Er war leider nicht zu Haus. Er ist auch Deutschleher und sein Name und Adresse lautet: Hr. Olavi Vainu, Vatla sjk, L��nemaa, Estonia, Tel. 372 47 79132.
Sp�ter fand ich in einem Buchladen in Tallinn das Buch "Schl�sser und Herrenh�user in Estland" von Hubertus Neusch�ffer (ISBN 38042-0624-7, Verlag Hubertus-Neusch�ffer, Pl�n, 1993) in dem das Herrenhaus von Karuse unter dem Namen "Gut Wattel" (estnisch Vatla) aufgef�hrt wird. Es ist unter anderem erw�hnt, dass das Herrenhaus von 1845 bis 1919 der Familie des Barons Maydell geh�rte (bis es dann enteignet wurde).